Sonntag, Mai 21, 2006

Konzert gegen Ehrenmorde

Konzert gegen Ehrenmorde
Der Kurde Sivan Perwer singt im Tempodrom

Michaela Schlagenwerth

An diesem Wochenende wird die Ehefrau des irakischen Staatspräsidenten nach Berlin reisen. Auch viele kurdische Bürgermeister aus der Türkei haben sich wegen eines Konzerts auf den weiten Weg gemacht. Im Tempodrom wird Sivan Perwer mit Rojin und der Neofolk-Band Kardes Türküler singen. Sivan Perwer ist die Stimme der Kurden, er ist ihr populärster Sänger und ihr kultureller Botschafter. Das Konzert wird ein Statement sein gegen Ehrenmorde und Gewalt an Frauen. Es wird von mehreren kurdischen Fernsehsendern übertragen, Millionen von Kurden werden davon erfahren.

Seit dem Ehrenmord an Hatun Sürücü und Necla Keleks Bestseller "Die fremde Braut" wird in Deutschland viel über das Thema berichtet. Die Politiker nehmen deutlich Stellung. Aber zu dem Konzert wird keiner der von Perwer eingeladenen Mitglieder der Bundesregierung kommen. Sie werden auch keine Stellvertreter schicken.

Sivan Perwer lebt seit fast dreißig Jahren in Deutschland. In den siebziger Jahren hatte er als Student in Ankara erste Kassetten aufgenommen, die in kurdischen Kreisen unter der Hand zirkulierten und zu Gesinnungsgenossen im Irak und im Iran geschmuggelt wurden. Denn Sivan Perwer sang auf kurdisch und das war verboten. Er kam ins Gefängnis, ging nach Deutschland ins Exil und wurde mit seinen traditionellen Volksliedern und modernen Protestsongs nicht nur zum wichtigsten Musiker, sondern auch zur wichtigsten Integrationsfigur der Kurden in aller Welt. Im vergangenen Jahr trat er in Berlin bei einem Konzert gegen Antisemitismus und Rassismus auf.

Er hat sich schon öfter bei drohenden Ehrenmorden eingesetzt habe. Eine Frau, die sich vor ihrer Familie verstecken musste, weil sie einen Liebhaber hatte, wandte sich an Perwer. "Er hat mit der Familie gesprochen und sie haben sich mit der Tochter versöhnt. Er ist ein Vorbild, viele Kurden hören auf ihn," sagt Ahmet Dag, der Pressesprecher der "Internationalen Kulturstiftung Sivan Perwer". Im Tempodrom wird Hero Talabani, die nicht nur Frau des irakischen Staatspräsidenten, sondern auch kurdische Feministin ist, eine Rede halten. Vor allem aber gibt es gute Musik. Musik, von deren Schönheit seit Fatih Akins Film "Crossing the Bridge" auch in Deutschland viele wissen.

Tempodrom, 20. Mai um 20 Uhr. Karten unter 61 10 13 13
Berliner Zeitung, 20.05.2006